Paukenhunde

In einem der ostpreußischen bzw. Königsberger Regimenter, nämlich dem 43. Infanterie-Regiment Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz (6. Ostpreußisches) Nr. 43, lebten nicht nur Menschen, sondern auch Hunde. Paukenhunde (Paukenhund – „Trommelhund“ oder „Paukenhund“) standen etwa 70 Jahre lang im Militärdienst und nahmen an mehreren Kriegen mit dem Regiment teil.

Das 43. Infanterie-Regiment „Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz“ (6. Ostpreußisches) wurde am 5. Mai 1860 im Zuge der Reform der Preußischen Armee durch Feldmarschall Graf Albrecht von Roon als eines der 3 Landwehr-Infanterie-Regimenter (in Insterburg, Gumbinnen und Lötzen).

Ab dem 4. Juli 1860 erfolgte die Umbenennung in 6. Ostpreußisches Infanterie-Regiment. Nach dem Krieg von 1866 wurde das Regiment der Garnison Königsberg zugeteilt und besetzte die Kaserne am Steindamm.

 

Kaserne am Stenidamm Königsberg
Kaserne des 43. Infanterieregiments am Steindamm

 

Durch einen Sondererlass Kaiser Wilhelms II. vom 27. Januar 1889 wurde das Regiment nach Herzog Karl von Mecklenburg (Karl Friedrich August Mecklenburg-Strelitz, 1785 - 1837, General der preußischen Armee, Teilnehmer an den Kriegen mit Napoleon, Halb-) benannt. Bruder von Königin Luise von Preußen). Ab diesem Datum hieß das Regiment 43. Infanterie-Regiment „Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz“ (6. Ostpreußisches).

 

Königsberg Kaserne Inf-Reg Nr. 43 6 Ostpr. 1917
Kaserne des 43. Infanterieregiments. 1917 (laut Poststempel).

 

Steindammer Kaserne Winter
Aufstellung des 43. Infanterie-Regiments (6. Preußisches) auf dem Exerzierplatz in der Nähe der Kaserne

 

Während des Preußischen Krieges gegen Österreich im Jahr 1866 nahm das Regiment an den Schlachten bei Trautenau (heute Trutnov, Tschechien) und Königgrätz (Hradec Králové, Tschechien) teil. Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870–1871 kämpfte das Regiment in Lothringen und beteiligte sich an der Belagerung von Metz.

Zur Teilnahme am Ersten Weltkrieg wurde das Regiment am 2. August 1914 mobilisiert. Er nahm an Schlachten auf dem Gebiet Ostpreußens (bei Gumbinnen, Tannenberg und im Gebiet der Masurischen Seen) teil. Im März 1915 wurde er für vier Monate an die Westfront in der Nähe von Verdun versetzt und dann erneut an die Ostfront versetzt. Im Dezember 1916 umfasste das Regiment die 2. und 3. Maschinengewehrkompanie. Nach dem Ende der Feindseligkeiten an der Ostfront im Jahr 1917 wurde das Regiment erneut nach Verdun verlegt. Im März 1918 nahm er an der Frühjahrsoffensive in Frankreich und später an den Schlachten an der Somme teil. Mitte August wurde das 3. Bataillon des Regiments zum 376. Infanterieregiment versetzt. Bei den Kämpfen bei Laffaux im September 1918 wurde fast das gesamte Regiment gefangen genommen.

Im Dezember 1918 wurde das Regiment demobilisiert und am 12. Juli 1919 aufgelöst. Aus den demobilisierten Soldaten des Regiments wurden 2 Freikorpsformationen gebildet, die später Teil des 96. Reichswehr-Infanterieregiments wurden. Durch Erlass des Befehlshabers der Reichswehr-Bodentruppen, Hans von Seeckt, vom 16. August 1921 wurde die 16. Kompanie dem 1. (Preußischen) Infanterie-Regiment in Königsberg zugeteilt.

 

Infanterie-Regiment 43
Soldaten des 43. Infanterieregiments. Das Bild zeigt höchstwahrscheinlich die Demobilisierung der 9. Kompanie. Unter den Inschriften sind folgende zu erkennen: Inf. Regt. Herzog Karl 6. Otpr. 43 Kngbg. 9. Komp.; Dem Regiment den letzten Gruß, treu kehr ich wenn wieder ich muss (Letzte Grüße an mein Regiment, bereit zur Rückkehr – ich bin ihm treu!); 09 Parole Heimat (09 Passwort - Heimat); 11 Reservieren mit Ruh! (11 Bei der Demobilisierung!) In der unteren linken Ecke des Fotos, in der Nähe des Trommelwagens, liegt der Bernhardiner-Pascha. 1911(?)

 

Aber kommen wir zurück zu unseren Hunden. Paukenhunde tauchten erstmals in der österreichischen Armee auf. In der Schlacht bei Königgrätz erbeutete das 43. Infanterieregiment den Trommelwagen des 77. österreichischen Infanterieregiments, benannt nach Erzherzog Karl Salvator von Toskana. Sowohl die Trommel als auch der Wagen wurden bei der Schlacht beschädigt. Der an den Wagen gespannte Trommelhund, ein Bernhardiner namens Sultan, starb im Kampf. Am Ende des Krieges kehrte das 43. Regiment in die Garnison zurück. Als Trophäe nahmen die Soldaten den Trommelwagen mit. Als das Regiment durch die Straßen Königsbergs marschierte, erregte sie großes Interesse bei den Bürgern, die die Soldaten trafen. Im Jahr 1867 wurde dem Regiment die Rekrutierung und Bereitstellung von Hunden gestattet (mit allen daraus resultierenden Konsequenzen). Wie die Österreicher nutzten auch die Preußen Bernhardiner als Paukenhunde. Sie wurden an einen speziell angefertigten Wagen gespannt, auf dem eine große Trommel montiert war. Für einen langen und gewissenhaften Dienst konnte der Paukenhund die Abzeichen eines Feldwebels erhalten.

Paukenhunde wurden bald zu einem charakteristischen Merkmal des 43. Regiments. Ein an einen Karren gespannter Bernhardiner ist zu einem beliebten Motiv auf Postkarten geworden. Traditionell erhielten Hunde die Namen Pascha und Sultan. Zum Personal der Musikkapelle des 43. Regiments gehörten mindestens zwei Paukenhunde, obwohl auf einigen Postkarten drei Hunde zu sehen sind.

 

Trommler und Trommelwagen mit Pascha und Sultan um 1874
Paukenhunde Pascha und Sultan in der Nähe des Regimenttrommlers. 1874

 

Pascha und Sultan Königsberg 1904
Paukenhunde mit ihren Trainern. 1904 Auf der Postkarte sind drei Hunde abgebildet, von denen mindestens einer kein Bernhardiner ist.

 

In Friedenszeiten nahmen Paukenhunde an Paraden und Konzerten teil. Die Wachablösung am Königlichen Schloss Königsberg mit anschließendem Open-Air-Konzert am Schloss(Unter)teich war ein beliebtes Spektakel bei der Bürgerschaft. Eine ungewöhnliche Show der Militärkapellen der Königsberger Garnison (sieben Regiments- und zwei Bataillonskapellen) versammelte nicht nur in der Nähe des Schlosses, sondern auch im Zoo und im Sommertheater Luisenhoch Menschenmassen. Im Winter wurde die Eisbahn des Eislaufvereins zum Veranstaltungsort für Konzerte.

 

Königsberger Schlossplatz Militärkonzert
Konzert eines Militärorchesters auf dem Schlossplatz in Königsberg. 1890er – 1910er Jahre.

 

Aber Paukenhunde waren echte Soldaten. Am 30. August 1914, in der Schlacht bei Tannenberg, entkam der heilige Bernhard Pascha auf wundersame Weise der russischen Gefangenschaft – unter Einsatz seines Lebens wurde er von Sergeant Major der 5. Kompanie Fritz Purwin vor dem Beschuss gerettet. Pascha diente bis 1919 im Regiment. Nach der Auflösung des Regiments im Jahr 1919 wurde der Hund in den Ruhestand geschickt und er verbrachte sein Hundeleben auf dem Anwesen eines ehemaligen Offiziers des Regiments.

 

Paukenhund mit Trommelwagen 6 Ostpr Regiment
Trommelhund der Musikkapelle des 43. Infanterieregiments

 

Während der Bildung der Reichswehr wurden Paukenhunde wiederbelebt – 1924 gab Generaloberst Hans von Seeckt die einzigartige Tradition des 43. Regiments an das 2. Bataillon des 1. Infanterieregiments weiter. Der Trommelwagen wurde im Museum im Alten Rathaus am Kneiphof gefunden. Es wurde repariert. Der Kaufmann Karlicki stiftete einen Bernhardiner, den zweiten erwarben ehemalige Offiziere des 43. Regiments.

 

1926 bei der Reichswehr
Im Dienst der Reichswehr. 1926

 

Für kurze Zeit waren die Paukenhunde in Insterburg.

Mit der Gründung der Wehrmacht betrat das Regiment erneut die Garnison Königsberg. Die militärischen Traditionen des 43. Regiments wurden auf die 3. Kompanie des 1. (Preußischen) Regiments übertragen. Beide Paukenhunde – Sultan und Pascha – waren die einzigen derartigen Hunde in der Wehrmacht. Ihre Pflege und Ausbildung lag in der Verantwortung des Musikers, der die große Trommel spielte. Die Hunde nahmen am polnischen Unternehmen teil, obwohl sie sich in Königsberg befanden. Beim Angriff auf Königsberg im April 1945 erschoss Paukenhund-Trainer Ohlhorst seine Familie und Hunde und beging anschließend Selbstmord.

Es ist bekannt, dass der Trommelwagen blau lackiert war und vor den Herbstmanövern 1937 Räder mit Metallfelgen hatte. Für Manöver lieferte die Continental AG jedoch Gummireifen, die das Gewicht des Wagens deutlich reduzierten.

 

Paukenhund Mini
Der Trommelwagen war blau lackiert

 

Im Jahr 2010 wurde in Kaliningrad ein Denkmal für die Paukenhunde des 43. Regiments errichtet. Der Autor der skulpturalen Komposition ist A. Shevtsov.

 

Paukenhund 43 Inf-Regiment Denkmal Kaliningrader Trommelhunde
Denkmal für die Paukenhunde des 43. Infanterieregiments (6. Preußisches Regiment) in Kaliningrad. 2015

 

Paukenhund-Denkmal Kaliningrad 2015
Kaliningrader Trommelhund

 

Zur Erinnerung 43 er Inf-Reg
Postkarte zu Ehren des 50. Jahrestages des 43. Infanterieregiments. 1906

 

2. Bataillon Infanterieregiment 43
Obwohl die in Pillau stationierte 2. Kompanie des 43. Regiments über keine Paukenhunde verfügte, wurden diese auf Gedenkkarten abgebildet. 1914

 

Pillau Trommelwagen 1910
Grüße aus Pillau. 1910

 

43 Inf-Regiment und Paukenhund 1912
Kombiniertes Militärorchester mit einem Hund-Pauken-Spieler. Königsberg, 1912-1913 (?).

 

Gross Trommelwagen mit Hund
Trommelhund mit großer Trommel

 

Kapelle 6 Ostpr Inf-Reg 43 Disk
Eine Aufzeichnung eines Marsches der Musikkapelle des 43. Infanterieregiments. Dirigent: Albert Krantz.

 

 

 

Zheton 43 Inf. Reg
Erkennungsmarken zur Erinnerung an den Dienst im 43. Infanterieregiment

 

 

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Basierend auf Materialien:

Wikipedia

Mühlpfordt HM Königsberg von A bis Z. Ein Stadtlexikon . München, 1976.

www.bildarchiv-ostpreussen.de

satyr78curiosa.blogspot.ru